Ich hab keinen Bock mehr auf shoppen!

Es ist anstregend, teuer und eigentlich bin ich spätestens nach einer Woche wieder frustriert. Ich hab keinen Bock mehr auf shoppen! Ich hab keinen Bock mehr auf diese Konsum-Spirale! Ich hab keinen Bock mehr blind zu kaufen, was mir die Modeindustrie andrehen will! Ich will mir nicht mehr ständig die Fragen stellen: „Was zieh ich bloß an?“. Ich will nicht mehr vor meinem vollen Kleiderschrank stehen und doch nichts zum Anziehen finden. Aber wie kam es dazu?

Shoppen als Kind

Hach, als ich noch klein war bedeutete mir shoppen nicht viel. Ich erinnere mich noch, dass es immer eine große Sache war. Wir sind als Familie nach Frankfurt gefahren und haben ein oder zwei Mal im Jahr groß geshoppt, zumindest ist das in meiner Erinnerung so hängen geblieben. Verbunden habe ich damit einen Besuch bei meiner Uroma, die beeindruckende große Stadt und U-Bahn fahren. Meine Uroma hat mir auch immer etwas schönes gekauft und danach sind wir alle zusammen essen gegangen. Es hat mir immer gefallen, aber ich brauchte es nicht.

Shoppen als Teenager

Als ich älter wurde und langsam in die Pubertät kam sah das schon anderes aus. Auch ich konnte mich dem Reiz neuer Kleidung und Trends nicht entziehen. Ich habe mich sehr stark über Kleidung definiert. Dabei habe ich auch verschiedene Stile ausprobiert. Ich erinnere mich an Outfits mit Sicherheitsnadeln, Glöckchen und Bandshirts. Irgendwann entdeckte ich dann die Unabhängigkeit die die Deutsche Bahn mir schenkte und bekam außerdem mehr Taschengeld. Und dann gab es da ja noch das Katalog-Shoppen. Mein Papa hat mir immer gerne alles mögliche bei H&M und Co. bestellt. Trotzdem war mein Konsum noch überschaubar.

Shoppen als Verkäuferin

Dann stieg ich ins Berufsleben ein. Nachdem ich eine Ausbildung im Textilbereich gemacht hatte, arbeitet ich fast 4 Jahre im Einzelhandel als Sales Advisor, Verkäuferin oder Kassiererin. Jeden Tag kam neue Ware. Jede Woche neue Trends. Und der Mitarbeiter Rabatt. Beeinflusst von Kunden, Kollegen und der neuesten Ware habe ich meinen Stil verloren ohne es zu merken. Alles was irgendwie gefiel, oder an anderen gut aussah wurde gekauft. Wenn ich ein neues Teil ausgepackt habe, dass ich mochte, hing ich es direkt auf die Seite. In meinen Hochzeiten habe ich dreimal die Woche neue Teile in Plastiktüten nach Hause getragen. Mein Schrank war zum zerbersten voll, genau wie die Schublade mit Plastiktüten im Flur. Die Versuchung war groß, die Auswahl riesig und es hat Spaß gemacht. Spätestens nach einem Jahr merkt man aber, dass alles irgendwann wieder kommt. Der Pullover den ich mir im Jahr zuvor gekauft hatte, weil er dieses Haben-Muss-Gefühl in mir auslöste gab es im Jahr darauf genauso, oder gering abgewandelt. Da bekam ich die ersten kleinen Zweifel. Nach einiger Zeit nervte mich die Ware dann nur noch. Richtig genervt wurde ich dann als ich in anderen Shops auf die Suche ging und merkte, dass eigentlich in jedem Laden das Gleiche hängt. Also kaufte ich weniger, weil mir der Spaß verging.

Shoppen für meine Capsule Wardrobe

Über das Thema Naturkosmetik kam ich immer mehr mit dem Thema Nachhaltigkeit in Verbindung. Ich habe verschiedene Dokumentationen zum Thema fair fashion geschaut und irgendwann stieß ich auf YouTube über das Prinzip Capusle Wardrobe. Wenn ihr nicht wisst was das ist könnt ihr gerne meinen Artikel Capsule Wardrobe – was ist das und wie starte ich? lesen. Ich legte mir ein Pinterestboard zum Thema Fashion an und pinnte nur die Bilder, die mir zu 100% gefielen und die Teile zeigten die ich wirklich tragen würde. So fand ich wieder heraus, wie mein Stil eigentlich aussieht, was ich mag und was mir meiner Meinung nach steht. Mehrere Ausmist-Aktionen später habe ich nun einen wirklich überschaubaren Kleiderschrank, gefüllt mit Teilen die ich liebe, die untereinander kombinierbar sind und zu meinem Leben passen. Es sind zwar nicht zu 100% Lieblingsstücke, aber ich arbeite daran.

Und jetzt?

Mein Konsumverhalten hat sich schon deutlich geändert. Jetzt wo ich nicht mehr im Einzelhandel arbeite habe ich nicht mehr täglich mit Kleidung zu tun. Ich habe mir keinen Shopping-Bann auferlegt, versuche mich aber immer wieder daran zu erinnern, dass ich nachhaltige Entscheidungen treffen möchte. Ich shoppe zum Beispiel unheimlich gerne Secondhand. Das habe ich früher aus finanziellen Gründen schon gerne getan. Heute kaufe ich gerne gebrauchte Kleidung, weil ich ihr so ein zweites Leben schenke. Außerdem vermeide ich so Impulskäufe. Finde ich etwas nicht Secondhand versuche ich es fair produziert zu finden. Letzte Woche ist mir zum Beispiel eine Jeans von H&M kaputt gegangen, die ich sehr liebe und die ich schon einige Jahre habe. Durch meine Ausbildung kann ich ganz gut nähen, aber diese Hose ist leider zu kaputt, daher habe ich mir meine erste faire Jeans bestellt. Ich stelle mir vor jedem Kauf folgende Fragen:

  • Brauche ich dieses Teil wirklich?
  • Habe ich schon ein ähnliches Teil?
  • Wie oft werde ich das Teil tragen?
  • Lässt sich das Teil gut mit meinen anderen kombinieren?
  • Gibt es das Teil gebraucht oder fair?

Ich bin natürlich nicht perfekt und werde es wohl auch nie sein. Ich vertrete aber die Meinung, dass jeder Schritt besser ist als keiner und das Kleinvieh auch Mist macht. Mit diesem Artikel möchte ich euch dazu anregen, euer eigenes Kaufverhalten zu reflektieren und euch vielleicht ein bisschen aus der Konsum-Spirale locken.

Zweites Foto: Bart Jaillet via unsplash